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– von Nele

Zwischen Hype und Angst

Wie, du hast noch keine Meinung zu KI?

Ja weil das ist doch entscheidend! Wenn morgens eine Eilmeldung zu einem SEHR WICHTIGEN Thema auf einem deiner News-Kanäle aufploppt, solltest du dir am besten innerhalb des Vormittags eine (fundierte) Meinung gebildet haben und bereit sein, das Thema am Mittagstisch mit den Kolleg*innen entschieden zu diskutieren.

Achtung, Offenlegung: Ich hab öfter mal noch keine Meinung. Klar, ich finde es interessant, das Zeitgeschehen zu verfolgen, aber ich springe selten innerhalb von Minuten auf den Hype- oder Hass-Zug auf. Ich hab den Eindruck, die Sachen sind oft komplizierter, und wenn man (noch) keine Ahnung hat, kann man auch mal kurz die Klappe halten.

Mach ich heute aber nicht. Künstliche Intelligenz beschäftigt uns gesellschaftlich schon eine Weile und das Thema hat im letzten Jahr ganz schön viel Wind gemacht. Im Kern geht’s mir hier um die Problematik, dass Maschinen immer mehr menschliche Arbeit ersetzen können und die Frage, in welchem Ausmaß und in welcher Qualität das passieren kann und sollte.

Prompt und Ergebnis

Das Verwursten von Gesehenem
Vorrangig haben mich KI-Bildgeneratoren beschäftigt. In der Illustrator:innen-Welt gab es im Sommer eine Welle der Aufregung, als der Facebook-Konzern Meta angekündigt hat, dass er in Zukunft Fotos und Illustrationen, die über die App veröffentlicht worden sind, für KI-Training nutzen will. Viele Menschen haben das Vorgehen öffentlich kritisiert und dem widersprochen. Daraufhin ruderte Meta zurück.

Infoblock am Rande: KI erschafft keine eigenständigen Inhalte. KI-basierte Bildgeneratoren „schauen sich“ sehr sehr viele Bilder „an“ und verwursten das Gesehene zu neuem Output. Was ganz genau in der Black Box zwischen dem Anschauen und dem Verwursten passiert, kapiert eigentlich niemand so vollständig. (KI Expertin Pina Merkert sagt das z.B. hier)
Eine KI, die nur mit Ölgemälden gefüttert wurde, kann keine Illustrationen im Cartoon-Stil generieren. Eine KI, die sich sehr viele Werke von einer bestimmten Illustratorin „angeschaut“ hat, kann deren Stil aber einfach kopieren. Die Bilder, die sich die KI „anschaut“, stammen aus dem Internet und die Urheber:innen dieser Trainings-Bilder haben der Nutzung ihrer Bilder normalerweise weder zugestimmt, noch bekommen sie bisher einen finanziellen Ausgleich für das KI-Training oder – noch ein Schritt weiter gedacht – einen Anteil vom Gewinn, der mit KI-generierten Bildern erzielt wurde. Stark verkürzt können jetzt also menschliche Illustrator:innen Aufträge verlieren, weil eine KI ihren Stil klaut und kopiert und sie damit ersetzt. So weit, so schwierig.

Damit wir sehen worüber wir hier sprechen: Das Parzelle-Business-Portrait "neu erdacht" von KI

Der Umgang mit Veränderung
Menschen sind neugierig. Babys lecken an Tischplatten, Kleinkinder stecken ihre Finger in Steckdosen, Jugendliche probieren aus, was passiert, wenn man Kaubonbons in Cola schmeißt und wissenschaftliche Entdeckungen werden gemacht, weil irgendwer mal ausprobieren wollte was passiert, wenn man diese eine Flüssigkeit in die andere schüttet. Fazit des langen Bogens: Technologische Entwicklungen sind unumgänglich, wenn man Leute nicht einsperren will, und wenn sie da sind, muss man mit ihnen umgehen. Irgendwer wird die Marsrakete bauen, einfach weil es geht. Wir können also KI nicht wieder in die Schublade stecken und so tun, als wäre nichts gewesen, wir müssen einen Umgang mit ihr finden, und dafür sind öffentliche Diskussionen gut und wichtig.

Aber wird „die KI“ uns Kreative arbeitslos machen? Einige bestimmt. So wie Roboter-Arme in der Automobil-Produktion unzählige Fließband-Arbeiter:innen arbeitslos gemacht haben.

Aber kann man menschengemachte Kreativ-Arbeit mit Fließbandarbeit vergleichen? Sollte uns Erstere nicht heilig sein? Dürfen wir dafür überhaupt KI einsetzen?
Ich persönlich denke schon, der Menschheit wäre mehr geholfen, wenn KI uns nicht ausgerechnet Kreativ-Arbeit abnimmt, sondern die Arbeit, die nervt. Allerdings haben wir auch die Erfahrung gemacht, dass man bestimmte Kund:innen nicht vom Wert der eigenen Kreativ-Arbeit überzeugen kann, wenn sie nicht schon ein bisschen eigene Wertschätzung für unsere Erfahrung, Expertise und Leidenschaftlichkeit mitbringen. Solche Menschen werden kein Problem damit haben, generische KI-Bilder für ihre Zwecke zu verwenden, so wie manche Menschen kein Problem darin sehen, sich einen schlecht verarbeiteten Jogginganzug von "Puna" zu kaufen, auf dem die eingestickte Raubkatze irgendwie ein bisschen komisch aussieht.

Foto: Dominique Wollniok, bearbeitet mittels KI von Melissa

Das Ziehen eines Fazits
Naja, aber nochmal ernsthaft – Kann denn jetzt nicht jede Person supergute Bilder und Logos und Layouts generieren und ausnahmslos alle Gestalter:innen werden wirklich bald arbeitslos?
Jaa, weiß ich nicht. Ich könnte immerhin auch heute in den Baumarkt fahren und mir nach dem Einkauf zuhause meine eigene Garage mauern. Das Ergebnis würde vermutlich so mittel aussehen und im schlimmsten Fall auch wieder über mir zusammen krachen. Bisher sind also noch nicht alle Maurer arbeitslos. Vielleicht bleiben wir einfach informiert und wachsam und schauen noch ein bisschen was wird?

Update vom 3.12.2024: Der Berufsverband der Illustrator:innen in Deutschland hat eine klare Meinung zu dieser ganzen Thematik und die wichtigsten Punkte in einem offenen Brief zusammengefasst. Wichtige Lobbyarbeit und lesenswert!

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